Lüftungsexperte Simon Morherr beantwortet die häufigsten Fragen
Zentral oder dezentral, Rotations-, Enthalpie- oder Plattenwärmetauscher, die richtige Filterwahl und vieles mehr – die Planung eines gesunden Raumklimas mithilfe von Lüftungsgeräten ist komplex und hängt von zahlreichen Faktoren ab. Dennoch bietet die maschinelle Lüftung überzeugende Vorteile: Sie ermöglicht nicht nur eine konstante leistungs- und gesundheitsförderliche Luftzufuhr, sondern spart zusätzlich Energiekosten ein, die ansonsten sprichwörtlich aus dem Fenster geworfen würden. Damit ein Lüftungsgerät optimal läuft, muss jedoch im Vorfeld sorgfältig hinsichtlich der individuellen Gegebenheiten geplant werden. Der Lüftungsexperte und Leiter Produktmanagement Lüftung bei Airflow, Simon Morherr, beantwortet die häufigsten Fragen rund um die Planung von Lüftungsgeräten.
Was zeichnet ein gesundes Raumklima aus?
Ob wir das Klima in einem Raum als angenehm oder unangenehm empfinden, hängt im Wesentlichen von vier physikalischen Faktoren ab. Neben den Einflussgrößen Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit spielen auch die Luftgeschwindigkeit sowie die Luftqualität, d. h. die Stofflasten in der Luft, eine entscheidende Rolle. Für einen bedarfsgerechten, optimierten Betrieb einer Lüftungsanlage ist deswegen eine sensorgeführte Regelung empfehlenswert, die CO2-Gehalt, Temperatur, Feuchtigkeit, VOC etc. berücksichtigt. Vor allem der CO2-Wert ist ein wesentlicher Indikator für die Raumluftqualität: Für die nachhaltige Verbesserung der Luftqualität sind CO2-Werte von 800 ppm nicht zu überschreiten.
So wirkt sich der CO2-Gehalt auf die Gesundheit aus
Zentral oder dezentral?
Beide Möglichkeiten bieten eine Vielzahl von Vorteilen, je nach Gebäudevoraussetzungen empfiehlt sich jedoch die eine oder andere Lösung eher. In Neubauprojekten ist es beispielsweise unproblematisch, zentrale Lösungen einzuplanen, bei Sanierungen kommen hingegen öfter dezentrale Lüftungsgeräte zum Einsatz. Diese Einbauweise hat im Bestand klare Vorteile: Die Planung gestaltet sich einfach und ist bautechnisch gut umsetzbar. Die Arbeiten nehmen nur einen bis anderthalb Tage in Anspruch, sodass die die Räumlichkeiten schnell wieder nutzbar sind und der organisatorische Anspruch auf ein Minimum reduziert wird. Bei zentralen Lüftungsanlagen ist dies nicht möglich. Bereits im Vorfeld muss hier genau geplant werden, denn das benötigte Luftverteilsystem hat einen größeren Platzbedarf und einen entsprechend höheren baulichen Aufwand. Für Neubauten ist die Planung gut umsetzbar, im Bestand stoßen zentrale Lösungen jedoch häufig an ihre Grenzen.
Was sind die entscheidenden Faktoren für den passenden Volumenstrom?
Für die Planung sind Raumvolumen, Raumart beziehungsweise Nutzungsart und Personenanzahl die relevanten Kenngrößen, um die optimale Luftwechselrate für den jeweiligen Raum zu ermitteln. Dabei sollte das Lüftungsgerät auf die höchst frequentierten Belegungszeiten und die höchste Nutzungsintensität ausgerichtet sein. Dennoch ist eine Überdimensionierung zu vermeiden: Weil sich eine Änderung des Volumenstroms in dritter Potenz auf den Stromverbrauch der Ventilatoren auswirkt, ist das Einsparpotenzial bei Energie und Kosten enorm. Verdoppelt sich zum Beispiel der Luftvolumenstrom in einer Anlage, steigt die elektrische Leistungsaufnahme auf das Achtfache. Erfahrungsgemäß empfiehlt sich trotzdem eine Leistungsreserve von um die 10 %.
Wie wählt man den richtigen Wärmetauscher?
Die Nutzung von Wärmerückgewinnung in Lüftungsanlagen ist mittlerweile nicht nur der Standard, sondern in vielen Fällen Pflicht. Deswegen stellt sich meist nicht die Frage ob, sondern welcher Wärmetauscher verbaut wird. Zunächst muss festgestellt werden, ob bei der Wärmerückgewinnung Temperatur und Feuchte zurückgewonnen werden sollen. Denn: Zu trockene Luft wirkt sich negativ auf die Schleimhäute aus, während zu hohe Luftfeuchtigkeit zu Schimmelbildung führen kann. Die relative Raumluftfeuchte sollte in einem Bereich zwischen ca. 40 % und 60 % liegen. In einer Schule zum Beispiel, wo sich in der Regel viele Personen gleichzeitig im Klassenzimmer aufhalten, kann die Feuchte beim Luftaustausch problemlos mit abgeführt werden, da alle Raumnutzer gemeinsam durch die Atemluft genug Feuchtigkeit abgeben. In solchen Fällen ist ein Plattenwärmetauscher die passende Wahl. Bei einem Büroraum mit relativ großem Raumvolumen hingegen, der mit nur zwei Personen belegt ist, empfiehlt es sich einen Feuchteaustausch und somit einen Rotations- oder Enthalpiewärmetauscher einzuplanen.
Welches Zubehör passt zu welchem Projekt?
Die Filterklassifizierung der Lüftungsgeräte muss entsprechend der Außenluftqualität ausgewählt und angepasst werden: Auf dem Land reicht in der Regel ein Filter der Klasse ePM1 50 % (ehemaliger F7-Filter) aus. Bei hoher Feinstaubbelastung, wie es oft in Großstädten der Fall ist, sollten höherwertige Filter der Klasse ePM1 80% (ehemalige F9-Filter) zum Einsatz kommen. Auch ist bei der Planung zu berücksichtigen, ob eine thermische Nachbehandlung erforderlich ist: Muss die Luft nach der Wärmerückgewinnung aufgeheizt oder gekühlt werden? Wenn ja, sind Heiz- bzw. Kühlregister erforderlich.
Wie sieht ein gutes Kanalnetz aus?
Bei der Planung des Kanalnetzes von zentralen Lüftungsanlagen ist es sinnvoll, die Luftleitungen möglichst kurz zu halten. Die Räume, aus denen die Luft abgesaugt wird, sollten innerhalb des Gebäudes möglichst nah beieinander liegen, um zusätzliche Steigleitungen oder lange horizontale Leitungen zu vermeiden. Das verringert den Material- und Kostenaufwand. Auch sollte die externe Pressung so gering wie möglich sein, um für effiziente Strömungsverhältnisse zu sorgen. Denn je höher die externe Pressung innerhalb des Kanalsystems, desto höher die Ventilatorleistung der Lüftungsgeräte. Letztere steigt dabei allerdings nicht linear, sondern exponentiell, was die Energieeffizienz der Raumlufttechnischen Anlage senkt und Kosten unnötig in die Höhe treibt.
Welche Normen und Richtlinien sind einzuhalten?
Für einen nachhaltigen und sicheren Betrieb einer Lüftungsanlage ist darauf zu achten, dass die Lüftungsgeräte bei Nennleistung alle aktuellen Ökodesign/ErP-Vorgaben sowie die GEG Regelungen erfüllen und den hygienischen Vorgaben der VDI 6022 entsprechen. Auch ein wichtiger Faktor: Gerade in Schulen oder Büros, wo oft höchste Konzentration gefordert ist, sollte der Schalldruckpegel so niedrig wie möglich sein. Ideal sind <=35 dB(A) bei Nennleistung.